Gewerblicher Rechtsschutz: Fernabsatz, Widerrufsrecht

(BGH, Urteil vom 16. März 2016, Az. VIII ZR 146/15, BB 2016, 769 = ZIP 2016, 1076)

Zum Ausschluss des Widerrufsrechts im Fernabsatz wegen Rechtsmissbrauchs oder unzulässiger Rechtsausübung

Amtliche Leitsätze:

„1. Es ist dem freien Willen des Verbrauchers überlassen, in und aus welchen Gründen er von einem bei einem Fernabsatzgeschäft bestehenden Widerrufsrecht Gebrauch macht.

2. Ein Ausschluss des Widerrufsrechts wegen Rechtsmissbrauchs oder unzulässiger Rechtsausübung (§ 242 BGB) kommt nur ausnahmsweise – unter dem Gesichtspunkt besonderer Schutzbedürftigkeit des Unternehmers – etwa bei arglistigem oder schikanösen Verhalten des Verbrauchers in Betracht.“

In diesem Fall hatte der Beklagte mit einer so genannten „Tiefpreisgarantie“ für die von ihm angebotenen Matratzen geworben. Der Kläger bestellte zwei derartige Matratzen und bezahlte diese nach deren Anlieferung. Kurz danach entdeckte er ein günstigeres Angebot von einem anderen Unternehmen und verlangte von dem Beklagten die Erstattung des Differenzbetrages. Als es hierüber keine Einigung gab, hat der Kläger fristgerecht von seinem Widerrufsrecht Gebrauch gemacht und schickte die Matratzen zurück.

Da der Beklagte die Rückzahlung des Kaufpreises verweigerte, erhob der Kläger erfolgreich Zahlungsklage. Der Beklagte war der Auffassung, dass der Kläger sein Widerrufsrecht rechtsmissbräuchlich ausgeübt habe. Dem widersprach der BGH, denn der Kläger habe sein Widerrufsrecht nicht in sachfremder Weise ausgeübt. Es gebe keine Hinweise, dass der Kläger es darauf angelegt habe, den Beklagten zu schädigen oder zu schikanieren. Vielmehr habe der Kläger versucht, seine Rechte aus der so genannten „Tiefpreisgarantie“ rechtmäßig zu nutzen. Das Widerrufsrecht knüpft nicht an ein berechtigtes Interesse des Verbrauchers an, sondern dessen Ausübung überbleibt seinem freien Willen. Das Widerrufsrecht ist grundsätzlich einschränkungslos gewährt, weshalb es auch dem Verbraucher überlassen sei, auch nach Bestellung der Ware die Preise zu vergleichen und mit dem Verkäufer darüber zu verhandeln, eine etwaige Preisdifferenz zu erstatten. Diese Wettbewerbssituation darf der Verbraucher für sich nutzen.

Dieser Text wurde erstellt von Rechtsanwalt Dr. Andreas Stute

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