Gewerblicher Rechtsschutz / Markenrecht: Unionsmarke, Unions-Gewährleistungsmarke

In der vorangehenden Information habe ich bereits berichtet: Gemeinschaftsmarke wird Unionsmarke. In diesem Bericht habe ich bereits kurz darauf hingewiesen, dass es einige Änderungen im europäischen Markensystem gibt und dass insbesondere völlig neu eingeführt wird die sogenannte Unions-Gewährleistungsmarke.

Nach Art. 74 a Unionsmarkenverordnung (nachfolgend kurz: „UMV“; Verordnung VO(EU) 2015/2424) ist die „Unions-Gewährleistungsmarke eine Unionsmarke, die bei der Anmeldung als solche bezeichnet wird und geeignet ist, Waren oder Dienstleistungen, für die der Inhaber der Marke das Material, die Art und Weise der Herstellung der Waren oder der Erbringung der Dienstleistungen, die Qualität, Genauigkeit oder andere Eigenschaften […] gewährleistet, von solchen zu unterscheiden, für die keine derartige Gewährleistung besteht.“.

Der Schutzzweck der Unions-Gewährleistungsmarke (nachfolgend kurz: „UGM“) ist darauf gerichtet, mit dieser Marke die Qualität des damit gekennzeichneten Produkts oder auch der Dienstleistung hervorzuheben. Die Qualität kann sich aus der Besonderheit des Materials, der Art und Weise der Herstellung, der Genauigkeit der Herstellung oder auch aufgrund anderer Eigenschaften ergeben. Die gesetzliche Aufzählung ist nicht abschließend, wie der Verweis auf „andere Eigenschaften“ ergibt.

Der Inhaber der UGM ist verpflichtet, die Einhaltung der genannten Qualität der Ware oder der Dienstleistung sicherzustellen, also zu gewährleisten. Allerdings darf sich die Qualität nicht allein aus der Herkunft der Ware oder Dienstleistung ergeben. Die Besonderheit der Herkunft ist über die UGM nicht schützbar.

Die UGM unterscheidet sich von üblichen Individualmarken, gleichermaßen Unionsmarke und nationale Marken, dadurch, dass Individualmarken darauf gerichtet sind, die Waren oder Dienstleistungen eines Unternehmens von denen anderer Unternehmen zu unterscheiden, also die betriebliche Herkunft offenzulegen. Demgegenüber kann eine UGM durchaus von mehreren Unternehmen gleichermaßen genutzt werden, auch wenn diese untereinander in Wettbewerb stehen, sofern der Inhaber der UGM die Erlaubnis zur Nutzung dieser Gewährleistungsmarke erteilt hat.

Die UGM ist auch von den sogenannten Kollektivmarken, also der Unions-Kollektivmarke oder der nationalen Kollektivmarke, zu unterscheiden. Eine Kollektivmarke ist darauf ange-legt, von einer Vielzahl von juristischen oder natürlichen Personen genutzt zu werden, die Mitglieder eines Verbandes sind, der wiederum der Inhaber der Kollektivmarke ist. Die Schutzrichtung einer Kollektivmarke hängt von dem jeweiligen Verbandszweck ab, der ganz unterschiedliche Richtungen haben kann und nicht unbedingt auf Qualitätsmerkmale gerichtet sein muss. Die Kollektivmarke muss jedoch von einem durch Satzung gegründeten Verband angemeldet werden. Inhaltlich können sie der UGM angenähert sein.

Demgegenüber kann die UGM sowohl von einer natürlichen oder juristischen Person als Individualmarke als auch von einem Verband angemeldet werden. Zur Anmeldung berechtigt sind sogar Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts sowie sonstige Einrichtungen. Schutzzweck der UGM muss aber stets die Gewährleistung einer bestimmten in der Satzung definierten Qualität sein.

Nach Art. 74 a Abs. 2 UMV ist zu beachten, dass der Markeninhaber der UGM nicht zugleich die natürliche oder juristische Person sein darf, die die Waren oder Dienstleistungen herstellt bzw. vertreibt, für die durch die nach Art. 74 gerade die Gewährleistung geschaffen wird. Mit anderen Worten: Inhaber der UGM und die Hersteller und Vertreiber der Waren oder Dienstleistungen, die die UGM hierfür benutzen, müssen getrennt sein. Sinn dieser Regelung ist es, die Unabhängigkeit und die Neutralität der Person sicherzustellen, die die Qualitätssicherung vornimmt und für die Einhaltung der Gewährleistung der UGM verpflichtet ist.

Nach Art. 74 b UMV ist mit der Anmeldung der UGM eine Satzung vorzulegen, die spätestens innerhalb von zwei Monaten nach dem Anmeldetag nachgereicht werden kann. Die Satzung muss folgenden Inhalt haben:

– Bezeichnung der zur Benutzung der Marke befugten Personen,
– Angabe der durch die Marke zu gewährleistenden Eigenschaften,
– Art und Weise, wie die betreffende Stelle diese Eigenschaften prüft,
– Art und Weise der Überwachung der Benutzung der Marke,
– die Bedingungen für die Benutzung der Marke einschließlich der Sanktionen für den Fall nicht ordnungsgemäßer Benutzung.

Hierdurch wird sozusagen nur das Grundgerüst für den Satzungsinhalt wiedergegeben. Art. 74 b Abs. 3 UMV bestimmt, dass die Europäische Kommission ermächtigt ist, Durchführungsrechtsakte zu erlassen, in denen die Einzelheiten für den Satzungsinhalt noch weiter bestimmt werden können. Diesen Durchführungsrechtsakt wird man wohl noch abwarten müssen.

Ist eine UGM registriert, dann sind Änderungen in der Satzung grundsätzlich möglich. Allerdings ist nach Art. 74 f UMV jede Änderung der Satzung dem Amt, also dem EUIPO, anzumelden. Auch diese Satzungsänderung muss die Bestimmungen nach Art. 74 b und c UMV erfüllen. Zu beachten ist, dass die Satzungsänderung erst wirksam wird zu dem Zeitpunkt, in dem sie in das Register eingetragen wird.

Die Anmeldung einer UGM kann nach Art. 74 c UMV von dem Amt zurückgewiesen werden aus den allgemein geltenden Hinderungsgründen (absolute und relative Schutzhindernisse, Art. 36 und 37 UMV), zusätzlich jedoch auch, wenn die Voraussetzungen nach Art. 74 a und b UMV nicht erfüllt sind. Ein weiterer Zurückweisungsgrund nach § 74 c Abs. 2 UMV ist die Gefahr der Irreführung des Publikums über den Charakter oder die Bedeutung der angemeldeten Marke. Eine Irreführung soll insbesondere gegeben sein, wenn die Marke den Eindruck erwecken kann, sie wäre etwas anderes als eine Gewährleistungsmarke. Wird also eine UGM angemeldet, dann muss die Eigenschaft der Gewährleistungsmarke deutlich werden und es darf nicht der Eindruck entstehen, als würde es sich z. B. um eine Kollektivmarke für einen ganz anderen Schutzzweck handeln. Die Abgrenzung dürfte aber im Einzelfall schwierig sein und wird voraussichtlich noch die Gerichte beschäftigen. Eine Irreführung in diesem Sinne wäre es aber auch, wenn die UGM den Eindruck erweckt, sie sei ein behördliches, also staatliches Gewährleistungszeichen, obwohl die Marke von einer privaten natürlichen oder juristischen Person angemeldet wird.

Im Falle der Markenverletzung, also ein drittes Unternehmen benutzt die UGM oder ein ähnliches, verwechslungsfähiges Zeichen, ohne hierzu befugt zu sein, ist der Inhaber der UGM zur Klage befugt. Da aber nach Art. 74 a UMV der Inhaber der UGM und der oder die Hersteller der Waren, für die die UGM verwendet wird, Personen verschieden sein müssen, wird im Verletzungsfall stets die Situation auftreten, dass der Inhaber der UGM zwar den Unterlassungsanspruch hat, aber keinen Schaden erleidet. Der Schaden entsteht bei den berechtigten Nutzern der UGM. Hierzu bestimmt Art. 74 h Abs. 2 UMV, dass der Inhaber der UGM berechtigt ist, den Schaden im Namen der rechtmäßigen Markenbenutzer geltend zu machen. Hier wird also eine Form der Drittschadensliquidation gesetzlich geregelt.

Die Anmeldegebühren entsprechen den Gebühren, die auch bei der Anmeldung einer Kollektivmarke gelten. Die Grundgebühr für die Anmeldung einer UGM beträgt 1.800,00 €, bei einer elektronischen Anmeldung 1.500,00 €.

Nach dem neuen Ein-Klassen-System beträgt die Gebühr für die angemeldete zweite Klasse 50,00 € und für jede weitere Klasse 150,00 €.

Die Unionsmarkenverordnung ist zum 23. März 2016 in Kraft getreten. Viele der hierin enthaltenen, neuen Vorschriften sind jedoch erst ab dem 1. Oktober 2017 anwendbar. Dies gilt auch für die Regelung zu Art. 74 a ff. UMV über die Gewährleistungsmarke. Es wird daher erst ab dem 1. Oktober 2017 möglich sein, eine Gewährleistungsmarke bei dem EUIPO anzumelden. Möglicherweise wird die Europäische Kommission bis dahin auch einen entsprechenden Durchführungsrechtsakt im Hinblick auf die Ausgestaltung der Markensatzung erlassen haben, so dass dann auch die notwendigen Inhalte einer solchen Satzung deutlicher sichtbar werden.

Zum Deutschen Markenrecht:

Das Deutsche Markengesetz kennt die Gewährleistungsmarke nicht. Eine Gewährleistungsmarke, Gütemarke oder Qualitätsmarke gibt es nach dem Markengesetz nicht.

Allerdings hat der europäische Gesetzgeber zeitgleich zur oben genannten UMV auch die Richtlinie zum Markenrecht über die Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Marken erlassen, Richtlinie (EU) 2015/2436. Die Bestimmungen dieser Richtlinie sind von den EU-Mitgliedstaaten in nationales Recht umzusetzen. Art. 28 der Richtlinie bestimmt, dass die Mitgliedstaaten gesetzliche Regelungen über die Eintragung von Gewährleistungsmarken treffen können. Danach sind also die Mitgliedstaaten berechtigt, aber nicht verpflichtet, das System der Gewährleistungsmarke im oben genannten Sinne einzuführen. Es bleibt abzuwarten, ob der deutsche Gesetzgeber hiervon Gebrauch macht.

Gleichwohl ist in der deutschen Rechtspraxis die Verwendung von Gütezeichen, Gütesiegeln, Qualitätssiegeln oder in ähnlicher Bezeichnung weit verbreitet. Gütezeichen werden häufig von Unternehmensverbänden als Kollektivmarken angemeldet. Besonders hervorzuheben sind die RAL-Gütezeichen, die von dem RAL Deutsches Institut für Gütesicherung und Kennzeichnung e. V. angemeldet werden. Nach den RAL-Grundsätzen für Gütezeichen werden in diesem Sinne Zeichen verstanden, die als Garantieausweis zur Kennzeichnung von Waren und Leistungen Verwendung finden, die die wesentlichen, an objektiven Maßstäben gemessen nach der Verkehrsauffassung die Güte einer Ware oder Leistung mit bestimmten Eigenschaften erfüllen. Diese Qualitätsgrundsätze sind auch von Unterverbänden des RAL e.V. anzuwenden.

Nach der Verfügung des DPMA von 1990 dürfen die Anmeldungen von Individual- oder Kollektivmarken, die den Bestandteil eines Gütezeichens enthalten, nur mit einer entsprechenden Unbedenklichkeitsbescheinigung des RAL oder einer anderen neutralen Stelle, die die Prüfung und Qualitätsüberwachung nach den RAL-Grundsätzen vergleichbaren Maßstäbe durchführt, in das Register eingetragen werden.

Im Grunde kommt eine dementsprechend angemeldete Kollektivmarke dem Inhalt und der Zielrichtung der neuen Unions-Gewährleistungsmarke in tatsächlicher Hinsicht recht nahe, aber es handelt sich bei dieser Marke eben nicht um eine nationale Gewährleistungsmarke.

Die Anmeldung von Marken, die den Bestandteil eines Gütezeichens enthalten oder vom Verkehr als Gütezeichen aufgefasst werden können, die aber die oben genannten Voraussetzungen nicht erfüllen, können von dem DPMA wegen Täuschungsgefahr nach § 8 Abs. 2 Nr. 4 MarkenG zurückgewiesen werden. Sollte eine solche Marke gleichwohl registriert werden, könnte von dritter Seite diese Marke mit der Löschungsklage angegriffen werden oder auch gegen die Benutzung einer solchen Marke wettbewerbsrechtlich wegen Irreführung der Verbraucher nach § 5 UWG vorgegangen werden.

Die Gütezeichen haben eine große wirtschaftliche Bedeutung und werden seit vielen Jahrzehnten geschaffen und verwendet. Ohne jeden Zweifel besteht ein großer Bedarf an der rechtlichen Absicherung von Gütezeichen. Dies erfolgt bislang durch die Eintragung von einfachen (Individual- oder Kollektiv-) Marken und durch den markenrechtlichen sowie wettbewerbsrechtlichen Irreführungs- und Täuschungsschutz. Es bleiben hiernach aber gleichwohl Regelungslücken. Vom OLG Düsseldorf ist aktuell dem Europäischen Gerichtshof die Frage zur Vorabentscheidung vorgelegt worden, ob die Benutzung einer Marke bereits dadurch erfüllt wird, dass die Marke als Gütezeichen verwendet wird und nicht in seiner üblichen Unterscheidungsfunktion für den Hinweis der Herkunft einer Ware aus einem bestimmten Unternehmen. Diese und weitere Rechtslücken können mit der Einführung einer nationalen Gewährleistungsmarke ausgefüllt werden.

Dieser Text wurde verfasst von Rechtsanwalt Dr. Andreas Stute

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